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NACHRICHTEN- UND FORSCHUNGSBÜRO



Ausländische Intelligence zur Entwicklung in Russland

- Übersetzt und bearbeitet von Auswärtiges NFB für politische Entscheidungsträger, Februar 2012 -



Bericht der indischen Intelligence zur innenpolitischen Lage in Russland


Kontinuierlich seit Dezember des Vorjahres halten Versammlungen und Proteste landesweit in Russland an. Die Unzufriedenheit über die Durchführung und Ergebnisse der Parlamentswahlen wirft einen Schatten auf den Vorabend der Präsidentschaftswahl. An der Spitze der Veränderungen steht die Intelligenzija. Im Ausland prominente Figuren wie Alexej Kudrin und Alexej Navalny, ein populärer Blogger, bringen sich als zukünftige politische Figuren ins Gespräch.
 




Alexej Navalny mit russischen Beamtinnen
Bildtechnische Quelle: pasmi.ru


Alexej Navalny – geboren 1976. Ein prominenter russischer Rechtsanwalt, der in Russland den populären Blog Livejournal etablierte. Er gehörte der Partei YABLOKO an, die ein Aus-Schlussverfahren gegen ihn durchführte. Im Dezember 2011 wurde er verhaftet, nachdem er Protestkundgebungen gegen die Ergebnisse der Parlamentswahlen organisierte.


Michail Gorbatschow forderte Neuwahlen und den Rücktritt Wladimir Putins. Der ehemalige sowjetische Präsident stellte einen Vergleich zwischen der Situation in Russland und dem arabischen Frühling her. Laut der indischen Intelligence wirft die aktuelle Entwicklung in Russland die Frage auf, ob Änderungen der politischen Führung die Bevölkerung befriedigen könnten, die mehrheitlich von liberalen Experimenten müde ist. Neu Delhi berücksichtigt in seiner Analyse, dass sich Wellen der Unruhe im gesamten postsowjetischen Raum ausbreiten, nicht nur in Russland.

Hoch unwahrscheinlich ist, dass die außerparlamentarische Bewegung imstande wäre, die Rückkehr Wladimir Putins in den Kreml zu verhindern. Auf den Prozess der internen politischen Beschlussfassung im Kreml hat schon das russische Parlament keinen nennenswerten Einfluss. Sieht man von der Oktoberrevolution in 1917 und den Unruhen beim Systemwechsel 1990/91 ab, zeichnet sich Russland über Jahrhunderte hinweg nicht durch revolutionäre Erhebungen aus. Eine solche revolutionäre Entwicklung verhindern aktuell a) Einschränkungen des inneren Systems und b) die äußerst begrenzte Erwartung der Mehrheit der Bevölkerung an die Oppositionskräfte aller Schattierungen. Auch unterstützt der Normalbürger in der Regel nicht irgendwelche drastischen Entscheidungen, zumal die Folgen [Hungerwinter unter Jelzin Anfang der 1990er Jahre] noch gut in der Erinnerung sind. Ein Umsturz wäre nur erfolgreich, wenn er vom Sicherheitsapparat ausgeht. Dafür gibt es momentan keine Anzeichen, denn erweiterte Befugnisse der Sicherheitskräfte [neues Polizeigesetz ab Januar 2012] multiplizieren sich mit vergleichsweise hohen sozialen Absicherungen und besseren Einkommen der Beamten.

Ein realer Faktor bei der Bewertung der politischen Stabilität in Russland bleibt, dass die Demonstrationen, halten sie an, beträchtliche Störungen und Verwirrungen hervorrufen können. Politische Desorientierung hat die Aktienbörse und den Rubel bereits erreicht. Der Rubel-Index fiel gegenüber dem Dollar [Januar 2012].

Putin hat seinen Zenit überschritten




Bildtechnische Quelle: peremeny.ru



Putin bemüht sich um Schadensbegrenzung, indem er die Demonstrationen und ihre Wirkung herunterspielt. Die Proteste können im aktuellen Stadium seine Comeback-Pläne nicht erschüttern. Im Jahr seiner dritten Präsidentschaft wird er 60 Jahre. Dieses Alter setzte er als Marke bei der Entlassung hoher Beamter in den Ruhestand an. Und im Alter von 60 Jahren verließ Präsident Gorbatschow die Politik. Über zehn Jahre schuf er ein politisches System, in dem er als Person unersetzbar zu sein scheint: Für ihn gibt es nach dem Dafürhalten breiter Schichten (und nach seiner eigenen Ansicht) keine bessere Alternative. Putin bleibt bis auf weiteres und mit Abstand Russlands populärster Führer und Politiker. Doch wird er zum ersten Mal bei seinem zweiten Wechsel vom Amt des Ministerpräsidenten zum Präsidenten mit Widerstand konfrontiert. 1999 ruhten auf dem unbekannten Tschekisten große Hoffnungen, die er in den Folgejahren wirtschafts- und sozialpolitisch einlöste. Der Machtmensch Putin balanciert auf den Mehrheiten. Dafür nimmt er Auseinandersetzungen mit den Minderheiten und Kompromisse im Establishment in Kauf. Seinen Zenit hat er überschritten. Putins wirtschaftspolitisches Regionalkonzept ist ausgewogen. Zugleich zieht er die politischen Zügel im Riesenreich straff an, um latente Sezessionsbestrebungen einzudämmen.

Die Regierungsarbeit in Russland wird von Kontinuität gekennzeichnet sein. Putins erste Aufgabe wird darin bestehen, sich mit den Problemen tiefgründig zu befassen, welche die Massenproteste ausgelöst haben. Er wird die Kaderreserve von Präsident Medwedjew als Instrument der Verjüngung aufgreifen – daran besteht kein Zweifel.

Szenarien von US-amerikanischen Think tanks

US-amerikanische Think tanks gehen davon aus, dass trotz der Rückkehr Putins in den Kreml sich die Ära Putin ihrem Ende entgegen neigt. Das bedeutet nicht, dass Putin bald die Macht abgibt, sondern dass sein politisches und wirtschaftliches System angesichts der sich schnell ändernden Bedingungen ausgedient hat.

Unterschiedliche Szenarien, die in Washington entwickelt worden sind, zeigen folgende Trends an:

1.    Könnte es zu einer Verkrampfung des Systems Putin und zu mehr autoritären Tendenzen kommen, die über einen längeren Zeitraum nicht aufrechtzuerhalten sind.

2.    Wäre eine Modernisierung teilweise denkbar, die der Kreml streng kontrolliert, und die nach dem Vorbild der ersten Reformperiode Putin funktioniert.

3.    Könnte es zu einem „Perestroika-2“-Drehbuch kommen, das den Machterhalt der Mannschaft Putin bedroht.

- Wenn Wladimir Putin nicht ernsthaft den Öl- und Gassektor reformiert, wird die russische Wirtschaft, die sich nicht auf Wachstumskurs befindet, stagnieren und einer großen Krise entgegenstreben. Die US Think tanks gehen auch auf die sozialen Netzwerke ein. Trotz der gestiegenen Online-Blogs ist das Internet in Russland noch nicht zum wichtigsten Forum der politischen Mobilisierung geworden. Ein Volksaufstand – vergleichbar mit dem Arabischen Frühling – ist unwahrscheinlich.

- Destabilisierend bleibt und wirkt die schwache Zivilgesellschaft. Die Beziehung zwischen Staat und Gesellschaft steht nicht auf dem Fundament wie ein Gesellschaftsvertrag, sondern wie eine Scheidungsvereinbarung, in der die russischen Bürger Politik gegen relative Stabilität eintauschen.

- Allmählich gewinnt die Konsumgesellschaft an Format in Russland. Die heutige Mittelschicht besteht aus mindestens drei Gruppen: Unternehmer, Geschäftsleute und Bürokraten, die oft aneinander vorbei agieren. Gerade die Mittelschicht Russlands übt sich mental in Zurückhaltung, um nicht unnötig (bei den Behörden) sozial aufzufallen.

Technischer Ministerpräsident und Nummer eins

In der Ära Putin fanden bisher vier Parlamentswahlen statt, die sein System bestätigten. Auch der Zeitraum 2008-2012 fällt in die Ära Putin, der definitiv ein technischer Ministerpräsident und vor Präsident Medwedjew die Nummer eins war.

Ein Widerspruch besteht darin, dass sich die Menschen über Korruption, Amtsmissbrauch und die Autorität der Beamten verschiedener Ebenen beschwerten, aber bei Abstimmungen zu Parlament und Präsident im Zeitraum 2000-2011 nicht für Veränderungen votierten. Das dürfte sich im März 2012 wiederum bestätigen. Jedoch ist infolge sinkender Unterstützung der Machtstrukturen vor und nach den Parlamentswahlen eine Stichwahl Putins nicht ausgeschlossen – und viel wird davon abhängen, wie die Winterperiode in den letzten Wochen von den regionalen Verwaltungen [Energieversorgung, Transportnetz, etc.] gemeistert wurde.



[ENDE DES AUSZUGS]







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